Biografien

Hayriye Tekek

„Mittlerweile leben mein Mann und ich jedes Jahr sechs Monate in der Türkei und die restliche Zeit verbringen wir hier in Deutschland.“

Hayriye Tekek lebt seit 1970 in Deutschland


Ich wurde 1937 in Antakya, Hatay geboren.

Im Jahr 1957 heiratete ich und bekam drei Kinder. Mein Mann und dessen Familie besaßen eine Schneiderei und finanziell ging es uns so gut, dass ich nicht arbeiten musste.

Als mein Schwiegervater 1965 verstarb, mussten wir das Geschäft aufgeben und nach Istanbul ziehen.

Auf Drängen meiner Nichte hin bewarb ich mich 1970 beim Arbeitsministerium in Antakya. Nur kurze Zeit später wurden wir von einem deutschen Arzt vom Mund bis zu den Zehenspitzen hinunter untersucht und daraufhin angenommen.

Mit weiteren 17 Frauen nahmen wir den ersten Flug über München nach Bremerhaven.

Meine Familie ließ ich in der Türkei zurück, wo sich meine Mutter um die Kinder kümmerte. In Bremerhaven angekommen wurden wir von einer Frau empfangen, die uns direkt ins Wohnheim brachte. Das Heim gehörte dem  Fischfabrik, die wir alle gemeinsam nutzten. Wir bekamen 50 D-Mark, um am nächsten Tag (in Begleitung) ein paar Dinge für uns einzukaufen. Ich kaufte mir damals einen Topf, einen Teller, einen Löffel, ein Messer, eine Pfanne und zwei Gläser.

Am ersten Arbeitstag erhielten wir jeweils ein Paar lange Gummistiefel, eine Schürze und eine Haube, um im Akkord den Fisch zu verarbeiten.

Nach anderthalb Monaten stellte ich einen Antrag, durch dessen Bestätigung mein Mann hätte nachkommen können. Leider wurde er jedoch aufgrund seines Alters abgelehnt; er war zu dieser Zeit 40 Jahre alt. Auf mein Bitten hin lud ihn mein Arbeitgeber später gegen Bezahlung als Touristen ein. Mein Ehemann arbeitete hier zunächst als Schneider.

Die ersten Jahre in Deutschland fielen uns sehr schwer: Ein fremdes Land, eine andere Sprache und vor allem das komplett andere Essen, das wir so nicht kannten. Deshalb kauften wir immer viele Dinge in der Türkei ein, die wir dann mit dem Auto nach Deutschland brachten.

Später zogen wir auf Empfehlung von Freunden nach Bremen und ich fand schnell eine Arbeit als Raumpflegerin im Krankenhaus St. Joseph Stift. Nach 20 Jahren Arbeit ging ich in Rente.

Unsere Kinder führen heute ihr eigenes Leben und mittlerweile leben mein Mann und ich jedes Jahr sechs Monate in der Türkei und die restliche Zeit verbringen wir hier in Deutschland.