Biografien

Leman Güzel

„Sogar der Herd war anders! Ich versuchte ihn mit einem Streichholz anzumachen.“

Leman Güzel lebt seit 1975 in Deutschland


Ich wurde 1948 in Tavşanlı, Kütahya geboren.

Meine Eltern schickten mich zur Mädchen-Kunstschule. Kurz nach meinem Abschluss heiratete ich und bekam ein Kind. Da ich in unserer Beziehung nicht glücklich war, ließ ich mich scheiden und heiratete auf den Wunsch meines Vaters hin meinen zweiten Ehemann, der in Deutschland lebte.

Mit den Bekannten meines Mannes reiste ich 1975 nach Deutschland. Übergangsweise lebte ich mit ihm im Wohnheim in Bremen, bis wir uns eine eigene Wohnung suchten.

Alles war für mich neu. Sogar der Herd war anders! Ich versuchte ihn mit einem Streichholz anzumachen. In dem neuen Haus lernte ich unsere türkische Nachbarin kennen, die später zu meiner besten Freundin wurde. Sie war mir eine große Stütze.

Mein Mann arbeitete in einer Kaminofenfabrik. Mit seinem Lohn finanzierten wir unseren Lebensunterhalt. Ich wurde schwanger und bekam einen Jungen. Nach seiner Geburt wurde das Leben mit meinem Mann immer schwieriger.

Eines Tages kaufte er uns ein Flugticket, drückte mir 300 D-Mark in die Hand und teilte mir mit, dass ich mit unserem Sohn in die Türkei zurückkehren solle. Ohne lange darüber nachzudenken, flogen wir in die Türkei. Nach einer Weile nahm mein Ehemann mir außerdem die Pässe weg, sodass wir über sechs Jahre lang nicht nach Deutschland einreisen konnten. In dieser Zeit bestritt ich meinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf meiner selbst gehäkelten Handarbeiten. Irgendwann zeigte ich meinen Mann an und gewann den Prozess. Daraufhin holte er uns nach Deutschland; mein Sohn war damals bereits sechs Jahre alt. Wir lebten mit den Kindern meines Mannes zusammen und ich begann zu arbeiten. Nach fünf Jahren bekam ich meine Aufenthaltsgenehmigung, was mir mein Leben sehr erleichterte.

Dreieinhalb Jahre lang war ich in einem Fünfsternehotel als Küchenhilfe angestellt. Später wechselte ich zu einer Metallfabrik, wo wir mit Maschinen und Drähten arbeiteten und Isolationen anfertigten. Die Arbeit gefiel mir, denn ich verdiente gutes Geld. Mit Hilfe der Ersparnisse wollte ich meinen Kindern eine gute Schulbildung ermöglichen. Leider wurde ich eines Tages unerwartet arbeitslos, was mich sehr traurig stimmte: Der Gedanke, zu Hause bleiben zu müssen, machte mich krank, denn mein Mann und ich hatten inzwischen große Eheprobleme.

Mein jüngster Sohn kam 1997 nach Bremen, um zu studieren. Daraufhin trennte ich mich sofort von meinem Mann.

Ich musste aufgrund meiner Krankheit in Frührente gehen.

Bis 2013 lebte ich in Bad Arol in der Nähe von Kassel. Später entschied ich mich dafür, zu meinem Sohn nach Bremen zu ziehen. Ich wohne nun seit zwei Jahren in der Bremer Heimstiftung, womit ich glücklicherweise auch in der Nähe meines Sohnes sein kann.