Biografien

Müşerref Dönmez

„Seit 50 Jahren leben wir hier, nie wurden wir geehrt. Wir wurden vergessen.“

Müşerref Dönmez lebt seit 1973 in Deutschland


Ich wurde 1955 in Gölcük geboren, bin verheiratet und habe zwei Kinder.

Mein Mann arbeitete als Schweißer auf einer Schiffswerft in Gölcük, bevor er hörte, dass Deutschland türkische Arbeiter anwarb. Daraufhin bewarb er sich direkt beim Arbeitsministerium in Istanbul. Er wurde zur ärztlichen Untersuchung eingeladen und musste sich vor den fremden Ärzten völlig nackt ausziehen und untersuchen lassen. Dieses Prozedere empfand mein Mann als sehr erniedrigend.

Er kam 1973 direkt nach Bremen und arbeitete als Schweißer bei der AG Weser. Acht Monate später holte er uns zu sich. So waren die Gesetze damals.

Zehn Jahre danach, als die AG Weser schloss, bekam er unmittelbar eine Stelle bei den Klöckner-Werken und ging später in Rente.

Ich bekam mein drittes Kind und kümmerte mich um die Familie. Als die Kinder größer waren, entschied ich mich dafür ebenfalls zu arbeiten. Meine Tätigkeit als Raumpflegerin nahm ich 1990 auf.

Anfangs hatten wir große Schwierigkeiten, uns hier einzugewöhnen und anzupassen, denn wir fühlten uns sehr fremd. Dank der netten deutschen Nachbarn, dauerte es jedoch nicht lange, bis wir uns eingelebt hatten. Sie halfen und zeigten uns vieles.

In Deutschland hatte man gedacht, dass wir nur vorübergehend hier leben und arbeiten und schließlich wieder in unsere Heimat zurückkehren würden. Das Gegenteil war der Fall: Familien wurden zusammengeführt, die Kinder folgten den Eltern, besuchten hier die Schule, machten Ausbildungen und studierten. Am Ende entschieden sie sich hier zu bleiben.
Wir dagegen hatten mit dem Gedanken, irgendwann zurückkehren zu können, in der Türkei in ein Haus investiert.

Mein Mann und ich arbeiteten 47 Jahre lang hier, zahlten unsere Steuern und trugen maßgeblich zur Entwicklung Deutschlands bei.

Seit 50 Jahren leben wir nun hier, nie wurden wir geehrt. Wir wurden vergessen.

Seit 2016 bin ich in Rente und lebe mittlerweile in der Bremer Heimstiftung.