„Heute bin ich 80 Jahre alt und pensioniert. Ich denke immer noch nicht an eine Rückkehr in die Türkei, denn ich habe mir mein Leben hier aufgebaut.“
Recep Seplin lebt seit 1971 in Deutschland
Ich wurde 1934 in Izmir geboren.
Mein Vater arbeitete in Gazi Emir in einem Café. Er starb an Tuberkulose, als ich acht Jahre alt war. Für seine Therapie fuhr mein Vater oft nach Istanbul. Da die Behandlungen sehr teuer waren, musste er sie abbrechen. Er besaß ein Haus in Gazi Emir. Hätte er dieses Anwesen damals verkauft, hätte er seine Therapie vermutlich weiter finanzieren und somit fortsetzen können. Meine Mutter arbeitete in einer Tabakfabrik.
In Izmir besuchte ich die Akademie in Mithat Paşa mit der Fachrichtung Maschinenbau und Elektronik.
Später zogen wir in das Haus in Gazi Emir ein. Dort fand ich eine Arbeitsstelle als Techniker. Ich heiratete und wir bekamen drei Kinder.
Eines Tages erfuhr ich, dass Deutschland Arbeiter suche. Sofort meldete ich mich beim Arbeitsministerium in Istanbul an und erhielt schnell eine Einladung. Wir wurden von einem deutschen Arzt und einem Übersetzer empfangen. Man fragte uns, welche Berufe wir in der Türkei ausübten. Unseren Qualifikationen entsprechend wurden wir auf die jeweiligen Stellen in Deutschland verteilt. Ich wurde angenommen, meine Frau und die Kinder blieben allerdings in der Türkei.
Mit dem ersten Zug fuhr ich 1971 nach Bremen. Dort angekommen wurde ich mit weiteren zwölf neuen Arbeitern von einem türkischen Ingenieur empfangen. Wir wurden in der St.-Jürgen-Straße, in einem dreistöckigen Haus untergebracht. Die Unterkunft teilten wir uns mit 13 weiteren Türken. Wenig später wurden wir von einem türkischen Vorgesetzten abgeholt und direkt zur AG Weser-Werft gebracht. In diesem Zeitraum stellte die AG Weser dreizehntausend neue Mitarbeiter ein.
Ich wurde im Bereich Maschinenbau eingesetzt. Nach drei Monaten bemerkte ich, dass die Arbeit viel zu schwer für mich war. Deshalb wechselte ich in die Elektronikabteilung. Ich dachte, dass meine Aufgaben dort einfacher werden würden. Doch im Gegenteil! Sie waren schwieriger als meine vorherige Tätigkeit im Maschinenbau. Ich musste die schweren Kabel auf den Schultern tragen. Da ich mich jedoch für ein Jahr verpflichtet hatte, blieb mir nichts Anderes übrig, als meine Arbeit fortzusetzen.
Als mein Arbeitsvertrag nach besagtem Jahr ausgelaufen war, wechselte ich schließlich zu der Firma Horten. Dort arbeitete ich sieben Jahre lang als Elektriker.
Mit der deutschen Sprache hatte ich keine Probleme, da ich sie in der Türkei bereits gelernt hatte.
Ab 1980 arbeitete ich als Flugzeugbauer am Flughafen. Nach sechseinhalb Jahren bot mir die Firma dreißigtausend Deutsche Mark als Abfindung an. Ich akzeptierte und kaufte mir mit dem Geld ein Haus in Izmir Çeşme. Später verkaufte ich das Haus wieder und investierte in ein anderes Objekt.
Nach der Auswanderung nach Deutschland bestand mein Ziel – wie bei allen – darin, schnell Geld zu verdienen und wieder zurückzukehren. Deshalb hatte ich meine Frau und die Kinder damals in der Türkei gelassen.
Als ich mich aber eines Tage dafür entschied, in die Türkei zurückzugehen, lernte ich in einer Disco namens Edelweiss meine jetzige deutsche Frau kennen. Wir verliebten uns und zogen zusammen. Erst nach einem Jahr erzählte ich meiner Frau in der Türkei davon. Daraufhin ließen wir uns scheiden. Später heiratete ich meine deutsche Freundin. Wir bekamen ebenfalls drei Kinder. Nach 40 Jahren Ehe trennten wir uns schließlich. Trotz der Trennung kümmert sich meine Frau noch heute um mich. Sie ist mir eine große Stütze.
Parallel zu den anderen Jobs schrieb ich 39 Jahre lang für die Tageszeitung Hürriyet. Ich selbst las sie früher auch viel. Ein Bekannter riet mir bei Hürriyet anzufangen. Mein Zuständigkeitsgebiet war die Region Bremen und umzu. Unsere Nachrichten wurden überwiegend auf Türkisch verfasst, da viele Leser Probleme mit der deutschen Sprache hatten. Mit Hilfe der Zeitung konnten sie sich über die Ereignisse hier in Deutschland informieren.